Ein Weihnachts-Impuls der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Warum gibt es Geschenke Nur für Protestanten – Zeigen, was man hat – Wir freuen uns, dass du geboren |
Geburtstag: Höchste GefühleDas größte Glück in einem Satz? „Das ist ja wie Weihnachten und Geburtstag zusammen!“ – Nicht umsonst verbindet dieser Spruch unter allen möglichen Feiern von der Taufe über die Volljährigkeit bis zur Hochzeit gerade diese beiden. Kinder lieben daran vor allem, dass es Geschenke gibt. Doch auch das seelische und leibliche Wohl gehört dazu: Man kommt zusammen, isst, singt, versichert sich der gegenseitigen Zuneigung, alle Streitigkeiten sind ausgesetzt. ... Wer davon ausgeschlossen ist, dem wird gerade an diesen Tagen das Herz schwer. Ist uns Weihnachten (und Geburtstag) eigentlich schon immer so nahegegangen? Es fühlt sich so an. Wer jedoch auf dem Zeitstrahl zurückwandert, stößt unverhofft auf einen berühmten Begründer für beide Traditionen: Martin Luther. Die heutige Ausprägung von Geburts- und Christfest hätte er sich aber wohl nicht träumen lassen. Wie feierte man Weihnachten zu seiner Zeit und wie feierten seine späteren Nachfahren? Von Sylvia Meise |
Warum feiern wir Geburtstag? |
![]() Foto: Heike (pixelio) |
Geburtstagsverächter und Kinder muss man nicht lange fragen. Historiker dagegen würden antworten: weil wir einen Kalender haben und einen Verwaltungsstaat, der die Geburts- und Sterbedaten dokumentiert. Denn das ist die erste Bedingung. Als die Menschen vor 500 Jahren begannen, ihren Geburtstag zu feiern, galt das noch nicht für jeden Europäer und bis heute gibt es Gegenden auf der Welt, in denen Geburtsdaten nicht erfasst werden.
Von Sylvia Meise |
![]() Foto: Fotowerk (fotolia) |
Warum gibt es Geschenke zum Geburtstag?Überall auf der Welt begehen die Menschen besondere Ereignisse mit Festen und Ritualen. Ihren Geburtstag zu feiern, gehört für die Menschen fast aller Kulturen heute wie selbstverständlich dazu. Es ist Tradition, Gäste zu bewirten, die dem Geburtstagskind Geschenke überreichen. Dies war in der Vergangenheit keineswegs üblich. So wurden im antiken Griechenland und im alten Rom nur die Geburtstage der Götter und bedeutender Persönlichkeiten gefeiert. Die Menschen brachten Opfergaben dar in Form von Wein, Kuchen oder Weihrauch. Der heutige Brauch, zum Geburtstag etwas zu schenken, hat hier vermutlich seinen Ursprung. Im Laufe der Zeit führten Griechen und Römer ein Fest ein zu Ehren der sogenannten Lebensbegleiter. Im Rom der klassischen Antike richteten die Männer ihre Feier, die einmal jeden Monat stattfand, an den Gott Genius und die Frauen ihre an die Göttin Juno.
Von Laura Völsing und Antje Kroll |
Nur für Protestanten – der Geburtstag vor 500 Jahren |
|
Geburtstagsständchen, Geschenke, ein Gläschen Sekt. ... Was heute so selbstverständlich scheint – war den Menschen vor 500 Jahren völlig fremd. Gerade erst hatten die Protestanten den Geburtstag eingeführt. Den Tag der Geburt zu feiern war ebenso neu wie die Bescherung zu Heiligabend. Bis dahin war es üblich, den Tauf- oder Namenstag zu begehen, der üblicherweise auf den Tag nach der Geburt fiel. Manche wussten nicht einmal, wann genau das war. Nach der Reformation und der damit einhergehenden Spaltung der Kirche wurden die beiden Festtage zu Symbolen, an denen sich ihre Anhänger erkannten und von denen sich ihre Gegner distanzierten. Allerdings konnten sich überhaupt nur die höher gestellten Bürger, Adligen oder Geistlichen solche Feiern leisten. Nur sie verfügten über ausreichend Geld und Zeit. Spiel, Tanz und aufwendige Festessen waren üblich, von denen auch die Armen und die Bediensteten etwas abbekamen. Der Geburtstag war ein weltliches Erwachsenenfest und diente durchaus der Darstellung von Status, Macht und Reichtum. Von Sylvia Meise |
Zeigen, was man hat – das Wiegenfest vor 100 Jahren |
![]() Foto: Dieter Schütz (pixelio) |
Der Zeitsprung ins 19. und 20. Jahrhundert zeigt ein moderneres Bild. Mittlerweile genießen die Kinder einen weitaus höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Ursache dafür sind die Ideen der Romantiker, denen Gefühle mehr galten als das Rationale und die großes Interesse an der kindlichen Emotionalität entwickelten. Vor diesem Hintergrund wirkte der Schrecken der hohen Kindersterblichkeit besonders stark. Deshalb behandelten die Erwachsenen immer weniger wie kleine Bedienstete oder kleine Erwachsene, sondern zunehmend wie eigenständige Personen. Im gehobenen Bürgertum gab es nun auch Kindergeburtstage mit Kuchen, Geschenken und Kerzen. Die Menschen in katholischen Städten und Industriegebieten feierten mittlerweile sogar beides, Namenstag und Geburtstag. Auch die weniger Betuchten und die Arbeiter bedachten Geburtstagskinder zunehmend mit Glückwünschen, Kerzen und Kuchen.
Von Sylvia Meise |
Wir freuen uns, dass du geboren bist! – Jubilare vor 50 Jahren |
|
In den Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts wird überall Geburtstag gefeiert. Die Weltkriege haben die letzten konfessionellen Schranken zwischen Geburts- und Namenstag verwischt. Noch sind die Geschenke schon aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten der breiten Bevölkerung bescheidener als heute – doch die aktuellen Riten und familiären Geburtstagstraditionen wurzeln in dieser Zeit. Typische Attraktion des Kindergeburtstags waren Spiele wie Schokokuss-Wettessen, Kofferpacken und Sackhüpfen. Der deutsche Filmemacher und Autor Alexander Kluge erzählt in einem Interview mit der Welt zu seinem 80. Geburtstag am 14. Februar 2012: „Ich bin ein Kind der Dreißigerjahre. Da gibt es am Morgen Geschenke. Dann trudeln um zwei Uhr die Freunde ein. Dann wird, nur einmal im Jahr, ein bestimmtes Gefäß mit Vanillepudding ausgefüllt, die Abbildung eines Hasen. Dann gibt es das Lieblingsessen, Kartoffelpuffer. Dann große Kaffeetafel, Geschenke für die Freunde und Topfschlagen. Und dann ist man so aufgeregt und überanstrengt, dass es am Abend immer Streit und Heulen gibt. Also geht es ohne Essen ins Bett. Das ist ein traditioneller Geburtstag. Ich habe Adorno gefragt, das war genauso bei ihm.“
Von Sylvia Meise |